Fehler sind besser als ihr Ruf

Wir alle machen Fehler. Früher oder später treffen wir alle mal »falsche« Entscheidungen. Ist uns ein Fehler unterlaufen, ärgern wir uns. Eine ganze Palette negativer Gedanken und Emotionen spielt sich ab. Das muss aber nicht sein. Denn Fehler sind besser als ihr Ruf.

Der Umgang mit Fehlern stellt für viele persönlich wie auch in Unternehmen immer noch eine große Herausforderung dar, weil Fehler als negativ erachtet werden. In Unternehmen beinhaltet der Begriff »Fehlerkultur« heute häufig nicht den konstruktiven Umgang mit diesen, sondern bedeutet, Fehler möglichst zu vermeiden.

Wieso erachten wir Fehler als etwas Schlechtes?

Fehler sind uns unangenehm, weil sie vermeintlich von Inkompetenz zeugen. Das führt dazu, dass wir manche Situationen scheuen, aus Angst, wir könnten einen Fehler begehen. Wir glauben, es sei besser, gar nicht erst Fehler zu machen. Die Fehlervermeidung ist ein wesentliches Problem im Umgang mit Fehlern. Gerade bei Projekten in Unternehmen ist Fehlervermeidung ein präsentes Thema, mit möglichst wenigen Fehlern »durchzukommen«, anstatt die Dinge so zu nehmen, wie sie kommen und zu sagen: „Okay, das war ein Fehler“. Und sich dann zu fragen: „Was bedeutet der Fehler? Wie gehen wir so verantwortungsvoll wie möglich damit um?“.

Keine Fehler = kein Problem?

Keine Fehler zu machen bedeutet aber auch, keine Verantwortung zu übernehmen. Wer für einen Fehler »zur Verantwortung« gezogen wird, wird in Zukunft viel dafür tun, um diese Verantwortung zu vermeiden. Ganz nach dem Motto: Wo nicht gehobelt wird, fallen auch keine Späne. Das heißt, wo nichts gemacht wird, können auch keine Fehler entstehen. Keine Fehler zu machen zieht aber häufig eine Belohnung wie etwa eine Beförderung nach sich. Wer als Mitarbeiter also so eine Fehlervermeidungskultur erlebt, wird dazu verleitet, keine Verantwortung zu übernehmen. Auf diese Art begrenzen wir uns aber selbst und nehmen uns die Chance, weiter zu lernen und uns weiterzuentwickeln.

Ein weiteres Problem im Umgang mit Fehlern ist die Suche nach einem »Schuldigen«. Statt einen Schuldigen zu suchen, sollten wir die entstandene Situation für einen Austausch von Ideen nutzen und überlegen, auf welchem anderen Weg ein bestimmtes Ergebnis erzielt werden kann. Fehlerkultur ist eigentlich eine ganz große Chance, um sich weiterzuentwickeln. Denn Fehler haben auch Qualitäten.

Fehler sind »Lösungsversuche von gestern«

Was genau sind eigentlich Fehler? Fehler sind im Grunde genommen Konstruktionen, sie entstehen im Vergleich von Erwartung und Ergebnis. Es sind die (gescheiterten) Versuche, der Unterschied zwischen unseren Erwartungen, unseren konkret gesetzten Zielen oder erhofften Ergebnissen und dem tatsächlichen Ergebnis.

Gemäß dem Spruch »Umwege erhöhen die Ortskenntnis« können Fehler auch einfach Umwege sein, mit deren Hilfe wir dennoch ans Ziel gelangen – und dabei sogar noch etwas lernen, also »Ortskenntnis« erhalten. Zudem sind viele große Innovationen aus »Fehlern« heraus entstanden. Es brauchte beispielsweise etwa 200 Versuche bis Thomas Edison eine Glühbirne zum Leuchten brachte.

Wenn wir wissen, wie etwas nicht geht, können wir herausfinden, wie etwas funktioniert.

Nicht umsonst heißt es auch »aus Fehlern lernen« und in der Wissenschaft gibt es das Verfahren »trial and error«. Es werden so lange Lösungswege ausprobiert, bis der erreicht ist, der zu dem erwarteten Ergebnis führt. Übersetzt heißt das übrigens nicht Versuch und Fehler, sondern Versuch und Irrtum. Der Irrtum beinhaltet die Erwartungshaltung.

Es gibt kein »richtig« oder »falsch«

Ob wir den Fehler nun »Fehler« oder »Irrtum« nennen – seine Kompetenz und sein Mehrwert werden leider unterschätzt und durch die negative Bewertung überlagert. Dadurch begrenzen wir uns, wenn wir uns durch das Vermeiden von Fehlern die Möglichkeit nehmen, aus ihnen zu lernen.

Und eigentlich weiß jeder selbst aus seinem eigenen persönlichen privaten oder beruflichen Alltag, dass man aus Fehlern nicht nur schlauer werden kann, sondern dass ohne Fehler quasi kein Lernen und keine Entwicklung möglich sind.

Mein Tipp

Bei Fehlern sollten wir nicht mehr zwischen »richtig« oder »falsch« unterscheiden. Das lässt sich im Nachhinein ohnehin oft schwer klären. Denn die Entscheidung für den einen Weg zeigt ja deutlich, dass man den »anderen« eben nicht gewählt hat und gegangen ist.

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